Pothead in der Markthalle Hamburg 19.10.2024

10:16 Uhr, wir freuen uns, wie pünktlich wir unterwegs sind. "Hoffentlich sind die anderen auch pünktlich um 12:00 Uhr da." sagt mein Mister. Hm.... ich merke, mein Mister denkt sehr angestrengt... "Sag mal...", spricht er und starrt mich komisch an, "...sind wir nicht zu früh?" Jetzt gucke ich ihn auch komisch an. Zu früh? ... Noch mal ein Blick zur Uhr... und... ja, wir hätten Jeff fast eine Stunde zu früh runtergeklingelt. Wie blöd sind wir eigentlich???
Fotos auf: Flickr
Grade hatten wir die müde Lotte bei meinen Eltern abgeworfen, sind gar nicht mehr mit hochgegangen, weil wir knapp dran waren und jetzt haben wir eine Stunde Zeit totzuschlagen! Wir schlendern über den Markt in der Bergmannstrasse und trinken einen vorzüglichen Latte Macchiato in der Marheineke-Halle, bis es soweit ist Jeff und Brad abzuholen. Als wir den Sprinter vom Parkplatz fahren wollen, fällt Brad auf, dass er die Schlüssel für das Tor gar nicht dabei hat. Zum Glück steht das Tor immer noch auf, so dass wir auch wieder runterkommen vom Platz. Also erst noch mal zu Brad nach Hause, um den Schlüssel zu holen. Als wir vorm Studio ankommen, sind Robert, Jürgen und Lutz schon da. Die Autos müssen noch betankt werden und die Reifen vom Sprinter brauchen noch ein wenig Luft. Es wird 13:00 Uhr, bis wir endlich auf der Autobahn sind. Na, das läuft ja heute bei uns. Die Markthalle ist aufgehübscht worden. Die Wände haben eine Frischzellenkur erhalten und ein bisschen neues Mobiliar steht im Vorraum rum. Sieht gut aus. Nur hängen keine Poster mehr an den Wänden, was für eine Konzerthalle ein wenig seltsam ist. Wir wollen ein paar Plakate mit der Ankündigung für das Huxleys-Konzert am 01.02.2025 aufhängen und sind ratlos. Natürlich könnte ich jetzt einfach irgendwo eins an die Wand kleben, aber ich ahne, dass das Ärger geben wird. Ich entscheide mich, eines außen an die Klotür zu kleben. Ich hab grade mal den Arm gehoben, da erklingt eine Stimme hinter mir: " Wenn du hier ein Plakat aufhängen willst, dann kannst du das gerne drinnen an den Fliesen tun." Okay.... das Huxleys-Plakat sieht im Licht der Toiletten eigentlich ganz schön aus. Das sind alles so seltsame Entwicklungen. Um Kosten zu sparen und nicht mehr renovieren zu müssen, gibt es digitale Posterrahmen. Überall hängen Zettel, die uns Frauen sagen, dass wir beschützt werden, wenn wir uns an der Bar melden. Der Gesundheit wegen darf nicht mehr geraucht werden. Und um uns alle zu beschützen gibt es extrem strenge Brandschutzauflagen. ... Wie oft sind denn früher die Lokations renoviert worden? Patina nennt man den Rotz und das tut was für die Atmosphäre. Wenn ich es sauber und designed haben will, bleibe ich zu Hause. Es ist nett, wenn alle etwas sensibler seit MeToo geworden sind, aber wir Frauen sollten auch langsam so weit gekommen sein, dass wir uns selber wehren können. Emanzipation ist nicht nur einseitig positiv, sondern zieht auch nach sich, dass man für sich selber verantwortlich ist. Es war nicht ok, das militante Raucher jahrzehntelang dachten, ihnen gehört die Welt. Aber ich gehe auch nicht zu einem Konzert, weil ich etwas für meine Gesundheit tun will. Und zum Schluss dann noch die Frage: Was sagt denn die Statistik: Wieviele Brandunfälle hat es denn in den letzten 50 Jahren auf allen Konzerten in Deutschland gegeben? Achtsam sein und auf feuerfeste Baumaterialien achten, hier und da ein Rauchmelder und das Personal schulen - ok. Aber die Kontrollen und Auflagen haben ein Ausmaß angenommen, das einfach nur noch Geldmacherei ist. All das macht Konzerte für die Veranstalter unnötig teuer und beschädigt die Atmosphäre. In den letzten 2 Jahren haben wir das in etlichen Konzerthallen feststellen müssen. Das führt dann auch dazu, dass alle nach dem Konzert möglichst schnell rausgefegt werden, weil Personalkosten gespart werden müssen. Plötzlich gibt es für die Backstagepartys Deadlines, weil der Schlüsselmeister "zu teuer" geworden ist um sich die Nacht mit der Band um die Ohren zu schlagen. Leute.... Ein Konzert ist nicht einfach ein Event mit dem man Geld macht. Ein Konzert braucht Liebe und Atmosphäre und dafür bringt man hin und wieder ein Opfer - z. B. ein kleines abgerissen Stück Putz an der Wand oder am nächsten Tag Kopfschmerzen, weil es laut und stickig war. Und tatsächlich haben wir auf geschätzten mindestens 600 Konzerten, die wir in unserem Leben schon besucht haben, bisher nur sehr, sehr selten mal einen kleinen Unfall oder einen Anflug von Gewalt erlebt, ein Feuer noch nie. Natürlich klopfe ich auf Holz und freue mich darüber. Passieren kann immer was. Aber tatsächlich ist die Gefahr nach dem Verlassen der Location über einen achtlos abgestellten Scooter zu stolpern wesentlich größer. Und bei Open-Air-Veranstaltungen läuft man oft lange Wege im Dunkeln über unbefestigte Wald- und Feldwege. Da bin ich dann auch plötzlich selbst verantwortlich, weil das außerhalb vom Konzert-Gelände liegt. Wenn ich mich in einer Location unwohl fühle gehe ich da eben nicht mehr hin. Ich finde es auch seltsam, dass jemand mit einer körperlichen Behinderung nur in die Halle darf, wenn er sich "selber entfluchten" kann. Ich denke auch ein Rollifahrer sollte selber entscheiden dürfen, welche "Gefahren" er eingeht und welche nicht. Dafür braucht es nur die entsprechenden Hinweise. Überhaupt sollten wir alle mal wieder selber Verantwortung für uns übernehmen und nicht davon ausgehen, dass das die anderen für uns tun. Und wenn sie das nicht machen, dann verklagen wir sie halt. Auf Rock-Konzerten, die wir besuchen, klappt das mit der Eigenverantwortung. Ist das bei Schlager-Moves oder Klassik-Konzerten anders? Vielleicht wird ja auch einfach einiges überinterpretiert, von den Leuten, die die Regeln und Gesetze machen – und denen, die sie umsetzten müssen. Entspannt Euch mal wieder. So, das musste mal raus, zurück zum gestrigen Pothead-Konzert: So richtig voll wird die Markthalle auch nicht. Auch hier haben wir Rückmeldungen von Leuten, die krank sind oder noch schnell ein paar Urlaubstage genießen. Aber wie auch schon vor 2 Wochen in Potsdam, füllt es sich so einigermaßen und die Stimmung ist von Anfang an toll. Da ist er dann auch wieder: Dieser kleine Glücksmoment, wenn die Halle bebt und alle Spaß haben. Nach dem Konzert wird wieder fleißig am Merchstand geshoppt und ich sammle die Leute für die Backstageparty zusammen. Wer laut genug bettelt wird mitgenommen ;-) So ist es dann auch mächtig voll, als mein Mister und ich nach dem Standabbau endlich Zeit für ein Bierchen und ein Brötchen haben. Mit Letzterem wird es leider nix. Das Mittagessen war sehr lecker gewesen aber den kleinen und so notwendigen Abendsnack hat man wohl vergessen. Um 1:00 Uhr kommt der Herr des Hauses, ruft "Feierabend", verwundert sich darüber, dass wir einen Kasten Bier mitnehmen und erinnert uns daran, dass wir unsere "Leiche" mitnehmen. Jaaa, nicht jeder hat den Abend in voller Gesundheit überstanden aber wir lassen niemanden zurück und können auch vermelden, dass alle wieder fit sind. In diesem Sinne: Bleibt alle gesund und fallt nicht über die blöden E-Sooter. Wir sehen uns in alter - oder sogar in neuer - Frische im nächsten Jahr!